Interview mit Ludwig Weiler, Leitprojekt PatchworkWohnen

Gruppe Patchwork Wohnen

 

Was ist das Ziel des Leitprojekts?:

"Gemeinschaftlich wohnen heißt für uns, selbständig in der eigenen Wohnung zu leben aber mit mehreren Generationen (Familien, Alleinstehende, Kinder) in einem Haus und sich gegenseitig zu unterstützen - bei Bedarf und jeder nach seinen Möglichkeiten. Man kann sich helfen bei Krankheit, Abwesenheit, der Kinderbetreuung, beim Einkaufen oder Kochen, kann miteinander reden, Probleme ansprechen, und lösen, aufeinander achten, Freude und Leid teilen. Mehrgenerationen-Wohnen bedeutet auch Vertrauen, die Pflege guter Nachbarschaft und gemeinsame Aktivitäten. "

 

Was für ein Maintal wünschen Sie sich?

"Wir wünschen uns Offenheit sowie gegenseitige Wertschätzung zwischen Bodenständigen und der neu Zugezogenen, gegenüber fremden Kulturen, zwischen Jungen und Alten. Außerdem eine offene, vertrauensvolle, kritische Zusammenarbeit zwischen Bürgern, Verwaltung und Politik."

 

Welchen Beitrag kann der Stadtleitbild-Prozess mit seinen verschiedenen Projekten dazu leisten?

Es kann als Bindeglied zwischen  Bürgern und etablierten Organisationen wie Verwaltung, Parteien, Vereine oder Wirtschaft fungieren. Aus Sicht und im Hinblick des Projekts „Mehrgenerationen-Wohnen in Maintal“ erlaubt der Beteiligungsprozess Vorreiter bei der Bewältigung der demografischen Wandels in Maintal zu sein und beiträge zur Selbsthilfe und Selbstorganisation des gemeinsamen Wohnens, der gegenseitigen Unterstützung und des achtsamen Umgangs miteinander zu lieern. Im Rahmen des Stadtleitbildprozesses lassen sich außerdem barrierefreies und kostengünstiges Bauen vorantreiben, eine lebendige Nachbarschaft pfelgen und Gemeinschaftsräume für die Bewonder und für die Nachbarschaft einrichten, die öffentlich und geschützt zugleich sind."
 

Erinnern Sie sich noch an die Umstände der „Geburt“ Ihres Leitprojekts?

"Am Anfang stand der Wunsch nach alternativen Wohnformen, der aus der Bürgerbefragung und Erarbeitung des Stadtleitbilds hervorging. Zum ersten Treffen im Rathaus kamen etwa 20 Leute, alle nicht mehr jung (an Jahren). Das unmittelbare Gefühl war: Wir können uns nicht vorstellen, mit einem/r von denen zusammenwohnen zu wollen oder zu können. Das hat sich mit zunehmendem Kennenlernen vollständig geändert!"

 

Warum engagieren Sie sich gerade für dieses Projekt?

"Die Angst vor dem Alleinsein im Alter ist ein zentrales Thema. Hilfsdienste und Pflegeheime können nur wenig helfen und sind teuer. Durch das Mehrgenerationen-Wohnen lassen sich wieder vielfältige Kontakte zwischen Jungen und Alten herstellen und pflegen. Denn in den vergangenen 100 Jahren haben sich die familiären Verhältnisse und Bindungen erheblich gelockert und verloren. Aber bewusstes, aktives Zusammenleben ist ein Fundament der Gesellschaft, eine Bereicherung, aber auch eine ständige Herausforderung. Schließlich gilt es miteinander auszukommen, mit und manchmal trotz persönlicher Eigenheiten. Aber es erhält auch die Neugier, dazuzulernen, sich immer noch weiterzuentwickeln und sich trotz körperlicher Einrschärnkingen etwa aufgrund von Krankheit, im Alter zu entfalten." 

 

Was waren/sind wichtige Etappen, um das angestrebte Ziel zu erreichen?

"Ein Workshop mit der Wohnprojekt-Beraterin Helene Rettenbach half bei der Erstellung eines Konzeptes für gemeinschaftliches Wohnen. Es folgte die Gründung des gemeinnützigen Vereins „Patchwork Maintal e.V.“ mit dem Ziel der Förderung und zeitgemäße Weiterentwicklung der Jugend und Altenhilfe durch die aktive Begegnung zwischen Menschen, durch dauerhafte nachbarschaftliche Netze zur Entlastung der Gesellschaft.

Die Projektgruppe "Patchwork-Wohnen Maintal" wurde im Hinblick auf die Errichtung eines Hauses für gemeinschaftliches Wohnen in Maintal gegründet. Es besteht bereits ein Kontakt zu einem Finanzberater, der spezialisiert ist auf gemeinschaftliche Wohnprojekte. Außerdem haben wir uns vor Ort informiert über bestehende bestehende Wohnprojekte, wie das „Mühlbachhaus“ in Schorndorf  oder  „anders leben – anders wohnen“ in Frankfurt-Enkheim.

Wir sind zudem Mitglied im "Netzwerk Frankfurt für gemeinschaftliches Wohnen“ und  seit 2013 mit einem Stand auf der Frankfurter Informationsbörse für gemeinschaftliches und genossenschaftliches Wohnen vertreten. Die nächste Informationsbörse, an der wir teilnehmen, findet am 27. September, ab 9:30 Uhr im Frankfurter Römer statt.

Mit dem Ersten Stadtrat laufen schon Gespräche zur Grundstückssuche. Für ein privates Immobilienangebot haben wir einen Architekten für eine Studie ur Machbarkeit und den erwarteten Kosten beauftragt."

 

Haben sich anfängliche Vorstellungen und Vorhaben im Laufe der Zeit verschoben?

"Anfängliche dachten wir über ein reines Mietprojekt nach. Heute sind wir offen für andere Rechts- und Finanzierungsformen. Vom reinen Seniorenprojekt haben sich unsere Vorstellungen zum generationsübergreifenden Wohnen verschoben."

 

Woran arbeiten Sie gerade?

" Wir erarbeiten eine Konzeption und befinden uns im engen Austausch mit anderen Projekten. Vor allem die Grundstückssuche, die Finanzierung, die Suche nach Kooperationspartnern sowie die Bildung einer Gemeinschaft beschäftigen uns."

 

Welche Hürden galt/gilt es zu überwinden?

"Unterschiedliche Gefühle und Meinungen müssen zusammengeführt werden. Es gibt immer  Konsens  und Dissens bei den einzelnen Mitgliedern. Wichtig ist die Phase der Entscheidungsfindung für gute, tragfähige Lösungen bei Kontroversen. Noch offen ist der Beschluss über eine geeignete Rechtsform und Finanzierung."

 

Inwiefern bekommen Sie die Haushaltslage zu spüren?

"Wir haben dadurch derzeit keine Einschränkungen."

 

Welche Zwischenbilanz können Sie zum jetzigen Zeitpunkt ziehen?

"Es ist ein tolles Projekt! Wir sind eine starke, ausdauernde Kerngruppe, die sich selbst organisiert und wertvolle Unterstützung durch die Stadtverwaltung erhält. Der Prozess ist allerdings langwieriger und komplexer als erwartet und gewünscht. Auf jeden Fall haben wir viel gelernt, sind zuversichtlich und neugierig auf Kommendes. Durch unser Projekt fördern wir eine lebendige Gemeinschaft und Gesellschaft."

 

Was wünschen Sie sich für Ihr Projekt?

"Mehr Mitstreiter, vor allem junge Mitstreiter. Unser nächstes Treffen findet am Montag, den 29. September 2014, um 20 Uhr im Stadtteilzentrum Bischofsheim statt. Außerdem politische Einsicht und aktive Förderung für selbstorganisiertes, solidarisches gemeinschaftliches Wohnen, das selbstbestimmtes, erfülltes Altern ermöglicht. Das spart mittel- und langfristig Kosten. Denn die Sozialkassen können selbstbestimmtes, erfülltes Altern nicht sicherstellen, weder organisatorisch noch wirtschaftlich. Außerdem würden wir uns eine intensivere Zusammenarbeit Maintals mit Nachbarkommunen und Frankfurt bei der Entwicklung des gemeinschaftlichen Wohnens wünschen sowie Räume für Arbeitstreffen und eine stärkere Förderung beim Wohnungsbau durch Bund und Land."